Verbundenheit über den Tod hinaus

Das neue Bestattungsgesetz aus katholischer Sicht
Liebe Mitchristen, liebe Leserinnen und Leser!
Der Monat November ist dem besonderen Gedenken unserer Verstorbenen gewidmet. Wir denken an unsere Lieben, die von uns gegangen sind, und beten für sie. Unser Blick wird auch hin zu der Frage gelenkt, wie wir uns von unseren Verstorbenen verabschieden. Vor kurzem wurde in Rheinland-Pfalz ein neues Bestattungsgesetz in Kraft gesetzt. Dieses ermöglicht auch neue Formen der Bestattung, wie die anonyme Verstreuung der Asche oder die Seebestattung. Was sagt die Kirche dazu?
Als Christen orientieren wir uns an demjenigen, der uns diesen Namen gegeben hat: Jesus Christus. Christsein heißt, in seiner Spur zu gehen. Von Beginn an haben die Christen dies auch im Hinblick auf den Tod getan: Der tote Leib wurde mit Ehrfurcht behandelt und als ganzer bestattet. Durch die Verbreitung des christlichen Glaubens im Römischen Reich wurde die zuvor durchaus übliche Feuerbestattung zurückgedrängt. Die Christen wollten auch im Tod ihrem Herrn ähnlich sein. Der Leib wird über den Tod hinaus mit Ehrfurcht behandelt. Es ist etwas anderes, den Leichnam zu verbrennen oder ihn dem natürlichen Prozess der Verwesung anheimzugeben. Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten die Verbrennung des Leichnams immer mehr durchgesetzt hat, gilt dies im Grunde auch heute: Die eigentliche christliche Form der Bestattung ist die Beisetzung des Leichnams. Die Riten während einer katholischen Beerdigung machen deutlich, wie sehr der menschliche Leib über den Tod hinaus verehrt wird: Er wird mit Weihwasser besprengt zur Erinnerung an die Taufe und er wird mit Weihrauch verehrt als Zeichen dafür, dass der Leib „Tempel des Heiligen Geistes“ war.
Der Verlust eines lieben Menschen tut immer weh. Die christlichen Rituale rund um das Abschiednehmen möchten uns begleiten und helfen, den Tod im Licht des Glaubens zu sehen: nicht nur als Abschied, sondern zugleich als Beginn eines neuen Lebens bei Gott. Das Leben und die Liebe Gottes sind stärker als die Dunkelheit des Todes. Durch die Feier der heiligen Messe, das gemeinsame Gebet und die gemeinsame Beerdigung verbinden wir uns mit dem Geheimnis von Tod und Auferstehung Jesu Christi.
Angesichts der Entwicklungen in unserem Bundesland hat das Bistum Trier eine Handreichung erarbeitet, in der folgende Kriterien für eine kirchliche Beerdigung angeführt werden:
- Einmaligkeit und Würde jedes Menschen kommen in besonderer Weise in seinem Namen zum Ausdruck. Dem Gedanken der einmaligen Würde eines jeden entspricht es daher nicht, wenn Verstorbene anonym, das heißt ohne namentliche Kennzeichnung der Grabstelle bestattet werden. Deshalb ist die Möglichkeit einer namentlichen Kennzeichnung des Grabes ein wesentliches Element einer christlichen Bestattungskultur.
- Die namentliche, öffentlich zugängliche Grabstätte ist ein wichtiger Ort für Trauer und Gedenken. Fehlt ein solcher Ort, dann kommt es immer wieder vor, dass das den Trauerprozess Hinterbliebener erschwert. Richtig ist, dass in dieser Hinsicht Hinterbliebene sehr unterschiedlich empfinden. Zu denken ist hier jedoch nicht nur an die engeren Angehörigen, die vielleicht in den Entscheidungsprozess für die Bestattungsform einbezogen waren, sondern auch an weitere Personen aus dem engeren oder weiteren Beziehungsnetz und Bekanntenkreis, für die eine vorhandene Grabstätte ein wichtiger Anknüpfungspunkt für Trauer und christliches Totengedenken darstellen kann.
- Schließlich ist für eine christliche Bestattungs- und Totengedenkkultur bedeutsam, dass die Orte, an denen die Toten bestattet sind, im Gesichtskreis der Lebenden öffentlich sichtbar bleiben und nicht daraus verschwinden. Solche Orte sind in besonderer Weise die Friedhöfe. An diesen Orten können Trauernde einander begegnen; hier kann die Gemeinschaft von Lebenden und Verstorbenen gelebt und erfahren werden. Was in der Begräbnisfeier begangen wurde, findet so in gelebter Kultur seine Fortsetzung.
Diese Kriterien bilden die Grundlage dafür, dass die Bestattungsformen der Verstreuung an Land oder im Wasser und die Aufbewahrung der Asche im privaten Wohnraum sowie in Form von Erinnerungsgegenständen oder Schmuckstücken in der kirchlichen Bestattungskultur nicht vorgesehen und für Katholikinnen und Katholiken – so sagt es die Instruktion Ad resurgendum cum Christo der römischen Glaubenskongregation von 2016 – nicht gestattet sind. Dies betrifft alle für Rheinland-Pfalz vorgesehenen neuen Bestattungsformen. Denn die meisten dieser Formen sind ihrer Natur nach anonyme Bestattungsformen; bei der Verstreuung kommt hinzu, dass diese Bestattungsform weniger auf ein Bleiben der Totenasche an diesem Ort, sondern auf das Verschwinden, Vergehen und Verwehen angelegt ist, was den Ort der Beisetzung als Grabstätte relativiert, und bei der Flussbestattung gibt es sogar keinerlei Verbleib am Ort. Die private Aufbewahrung der Urne zu Hause ist nicht in demselben Sinne wie die anderen Formen anonym, führt jedoch ebenfalls nicht zu einem öffentlich zugänglichen Grab und Gedenkort.
Wenn Beisetzungen im kleinen Kreis stattfinden, dann werden jene Menschen ausgeschlossen, die sich vielleicht auch gerne von einem Verstorbenen verabschieden würden. Zudem gilt es, die Friedhöfe in unseren Dörfern zu erhalten. Sie sind geweihte Orte, sie sind Orte der Besinnung und Begegnung, des Glaubens und der Hoffnung.
Vor diesem Hintergrund sollen in unserem Pastoralen Raum auch weiterhin jene Möglichkeiten bestehen bleiben, die wir bisher praktiziert haben:
- Sterbeamt in der Kirche mit Beerdigung;
- Trauerfeier in der Kirche mit Beerdigung;
- Trauerfeier auf dem Friedhof mit Beerdigung.
Am Vorabend der Beerdigung soll ein Totengebet stattfinden. Das gemeinsame Gebet für unsere Verstorbenen ist und bleibt ein wichtiger Ausdruck unserer christlichen Solidarität. Hier ist auch das 6-Wochen-Amt zu erwähnen. In den heiligen Messen beten wir immer wieder für unsere Verstorbenen; solche Messintentionen können Sie gerne in Ihrem Pfarrbüro bestellen.
Sollte eine der neuen Bestattungsformen gewählt werden, besteht gleichwohl die Möglichkeit, dass ein Sterbeamt oder eine Trauerfeier mit Verabschiedung des Leichnams oder der Urne stattfindet. Dazu sind wir als Seelsorger selbstverständlich bereit. Eine Verstreuung der Asche, Seebestattungen oder anonyme Beisetzungen außerhalb von Friedhöfen werden dann jedoch durch einen Bestatter begleitet.
Die christliche Trauerkultur, die uns seit Jahrhunderten überliefert ist, möchte uns deutlich machen: Am Ende unseres Lebens steht nicht das Nichts. Unser Leben versinkt nicht in der Bedeutungslosigkeit der Geschichte. Sondern am Ende steht der letzte Sinn, das letzte große Ziel: Die Vollendung in der Herrlichkeit Gottes – in seiner Liebe und Geborgenheit. Am Ende stehen das Glück, die Zufriedenheit und die Freiheit des Himmels. Wir sind nicht Verlorene in dieser Welt mit ihren manchmal unklaren und ungeraden Wegen. Sondern wir sind gewollt, wir sind angenommen, wir sind geliebt – und das nicht nur in dieser Welt, sondern auch in der Ewigkeit. Dieses christliche Grundvertrauen wünscht Ihnen zusammen mit dem Seelsorgeteam unseres Pastoralen Raums Ihr
Dekan Dr. Jonas Weller
